Ei hosche mo zu, in Binge geht's!

Anleitung zum beliebig hoch Bauen

Wie baut man höher als zulässig?

In Bingen am Rhein kann man sich offenbar über Festsetzungen eines Bebauungsplans leicht hinwegsetzen. Die nachfolgende Anleitung ist aus einem konkreten Vorfall aus dem Jahre 2007/2008 entstanden. Der Autor weist darauf hin, dass diese Anleitung nicht notwendigerweise zum Erfolg führen muss.

Zuerst Freistellungsantrag statt Bauantrag

Man gibt zunächst vor, dass das Bauvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht. Maßgebliche Bezugspunkte, die die Feststellung einer Höhenüberschreitung zur Folge hätte, bezieht man nicht ein. Natürlich sollte man einen Architekten kennen, der das mitmacht.

Wohlgesonnener Sachbearbeiter

Der zuständige Beamte im Bauamt sollte inkompetent und/oder wohlgesonnen und/oder gar korrupt sein. Wenn man "Glück" hat erhält man innerhalb von 2 (zwei!) Wochen eine Genehmigung und kann direkt mit dem Bau anfangen.

Eile geboten

Jetzt ist Eile geboten. Je schneller der Rohbau abgeschlossen ist, umso unwahrscheinlicher wird es, dass gerichtliche Verwaltungsverfahren zu eingreifenden Ergebnissen kommen. Im vorliegenden Fall wurde der Rohbau innerhalb von ca. 6 Wochen hochgezogen. Vorteile hat man, wenn man als Bauherrin selbst Bauunternehmerin ist.

Nachbarn?

Gibt es keine Dritten, die die Bausünde entdecken, kann man schon jetzt ruhig schlafen und warten bis die Verjährung eingetreten ist.
Anders sieht es aus, wenn die überschrittenen Festsetzungen nachbarschützend sind und ein Nachbar die Überbauung sogar noch vor dem Baubeginn bemerkt. Jetzt ist man im Vorteil, wenn man konkrete Kontakte zum Stadtrat pflegt. Bei einem Gläschen Bier kann man dann in Ruhe besprechen, wie man im Nachhinein seinen Bau genehmigt bekommt.

Neue Baugenehmigung

Fällt die erste - nachgeschobene - Baugenehmigung, da sich z.B. ein Verwaltungsfehler eingeschlichen hat, stellt man einfach auf Vorschlag der Baubehörde, Zitat: "Ein von Ihnen schnellstmöglich vorzulegender Befreiungsantrag auf der Grundlage des gerichtlich geklärten Höhenbezugspunktes wird in der Sitzung des Bauausschusses am 03.06.2008 behandelt werden. Unverzüglich daran anschließend wird ein neuer Befreiungsbescheid erteilt werden", einen weiteren Befreiungsantrag. Im konkreten Fall wurde die Höhenbefreiung zu gering bemessen und ohne das vermeintliche, obligatorische Votum des Stadtrats erteilt.

Vermessungen erschweren

Vermessungen durch öffentlich bestellte Vermessungsunternehmen lassen sich leicht durch das Anbringen von Malervliesen und anderen Gegenständen auf dem First verhindern.

Der Stadtrat beschließt in nichtöffentlicher Sitzung

Sehr angenehm ist, dass der Stadtrat über Befreiungen von Festsetzungen in Bebauungsplänen i.d.R. nichtöffentlich entscheidet. Geführte "Nebengespräche" bleiben geheim.


Ist der Stadtrat mit folgenden Mandatsträgern besetzt:

hat man gute Chancen, dass einer Befreiung zugestimmt wird. Denn am 20.08.2008 haben diese Stadtratsmitglieder (Quelle: http://www.bingen.de) sich einstimmig für eine Höhenbefreiung um 0,87 m im besten Baugebiet in Bingen (Rochusallee/Rheinblick) ausgesprochen.

Gerichte korrigieren sich nicht selbst

Da sich Verwaltungsgerichte - wie andere Gerichte im übrigen auch - ungern selbst korrigieren, vgl. Fall Mollath, stehen auch hier die Chancen gut, dass die 2. Baugenehmigung rechtskräftig wird, selbst wenn der Verwaltungsakt erneut unter falschen Annahmen erfolgte. Im konkreten Fall fand eine Überbauung von ca. 1,3 m statt.

Akteneinsicht verwehrt

Ergeben sich neue Tatbestände, die zu weiteren Anfechtungsgründen führen könnten, braucht man nicht beunruhigt sein. Die Verwaltung verhindert in solchen Fällen eine neuerliche Akteneinsicht.

Glück auf!



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